Stadtentwicklung

Die Schönheit der Stadt und ihre Wunden machen Stadtentwicklung und Architektur, die Gestaltung von Plätzen und Gebäuden, den Umgang mit Landschaft und Blickbeziehungen zu einem Thema von großer Öffentlichkeit und großem Interesse. Die Dresdner schauen genau auf das, was städtebaulich passieren soll und haben dazu eine Meinung. Der Denkmalschutz spielt zurecht eine herausragende Rolle. Deshalb ist es wichtig, dass die Entwicklung der Stadt nur im permanenten Austausch mit ihren Bürgern erfolgen kann und es einer großen Sensibilität und Geschichtsbewusstsein bedarf und viel Überzeugungskraft, wenn man alte Pfade verlassen will. Aber egal, ob man Altes wiederherstellen oder ganz neue Akzente schaffen will, niemals darf es gewöhnlich oder beliebig sein. Das sind wir der schönsten Großstadt Deutschlands schuldig. 

Leider hat das mit dem Gewöhnlichen und Beliebigen in den letzten Jahren nicht immer geklappt. Zu viele Bausünden sind seit der Wende entstanden, zu viel Banales auch, zu viele Chancen wurden vertan. Großen Erfolgen wie dem Wiederaufbau der Frauenkirche, des Dresdner Schlosses und der Rekonstruktion des Dresdner Neumarktes, wo wir insbesondere der Gesellschaft Historischer Neumarkt zu Dank verpflichtet sind, aber auch der Sanierung des Kulturpalastes steht Unglückliches gegenüber, wozu wir u.a. die Südseite des Dresdner Altmarktes und manch profanes Wohn-, Büro- oder Handelsgebäude in den Stadtteilen zählen. Manches ist passiert, weil der Baubedarf in den neunziger Jahren den Blick auf Qualitäten verschränkte. Umso wichtiger ist es, jetzt genau hinzuschauen und dafür zu sorgen, dass es bezüglich anspruchsvoller Architektur und städtebaulicher Qualität auf den immer noch zahlreich vorhandenen Potentialflächen besser gemacht wird. 

Hier müssen Architekten, Bauherren und Stadtplanung stärker in die Pflicht genommen werden. Die Diskrepanz zwischen tollen Entwürfen und dem dann Gebauten ist oft auffällig groß. Was in der Planungsphase noch überzeugt, tut es in der Praxis leider nicht immer. Es wird Zeit, sich diesbezüglich ehrlich zu machen. 

Die Sehnsucht der Dresdner nach dem alten Dresden ist groß und lebt nach wie vor fort. Die breite Beteiligung beim Wiederaufbau der Quartiere rund um den Neumarkt und die Schlossstraße zeigte das. Inzwischen sind die letzten Gebäude im Bau und schon bald zeigt sich der Neumarkt in seiner endgültigen Fassung. Wir sind über das Entstandene glücklich und finden, dass der Mix aus Rekonstruiertem und Neuem recht gut gelungen ist. Besonders klug war es, auf den Wiederaufbau des Gewandhauses in moderner Form zu verzichten und die Fläche stattdessen als „grünes Gewandhaus“ zu gestalten. Solche Begrünungsmaßnahmen können wir uns an vielen weiteren Stellen vorstellen – z.B. rund um den Altmarkt, vor dem Kulturpalast, am Wiener Platz, am Promenadenring. 

Wir wünschen uns auch, dass das Hotel Stadt Rom als letzter fehlender Bau am Neumarkt realisiert wird und werben, was den genauen Standort betrifft, für einen Kompromiss, der nicht auf Kosten der ebenfalls wertvollen Wohn- und Geschäftshäuser entlang der Wilsdruffer Straße geht. 

Vielleicht kann es gelingen, dass alte Dresden in den nächsten Jahrzehnten sogar noch ein Stück mehr zurückzuholen. Wir schlagen vor, dafür den Pirnaischen Platz und die in Richtung Neumarkt liegenden Bereiche zu betrachten. Dieses Gebiet harrt einer städtebaulichen Entwicklung. Vor der Zerstörung Dresdens pulsierte hier das Leben, gab es einige hochinteressante Gebäude und selbst das Landhaus war größer. Wie wäre es, dieses Areal in Angriff zu nehmen? Der Parkplatz an der Schießgasse kann auch als Tiefgarage umgesetzt werden. 

Einen weiteren Gedanken möchten wir in die Debatte werfen. Der bedeutendste Dresdner Brunnen ist der Neptunbrunnen in der Friedrichstadt auf dem Krankenhausgelände. Er wurde auch mit Hilfe des großartigen Engagements der Mitarbeiter und Freunde des Krankenhauses Friedrichstadt saniert. Leider führt er in der Friedrichstadt ein Dasein, das seiner Bedeutung nicht gerecht wird. Nur wenige besuchen ihn, sein Umfeld passt nicht. In der Geschichte Dresdens war es immer einmal möglich, besondere Brunnen und Denkmäler an bessere Standorte zu versetzen. Das oder das Aufstellen einer Kopie des Neptunbrunnens, wie von Experten schon einmal vorgeschlagen wurde, in der Innenstadt regen wir zur Diskussion an. Ähnlich verhält es sich mit dem Theodor-Körner-Denkmal, das für Fußgänger nahezu unerreichbar am Rand des Georgplatzes steht und höchstens von im Stau stehenden Autofahrern wahrgenommen wird. Auch Theodor Körner könnte an anderer Stelle besser gewürdigt werden. 

Altes wiederherzustellen und zu erhalten, hat einen hohen Stellenwert. Diesen würden wir uns auch für moderne Architektur wünschen. Dresden tut sich beim Bau von höheren Häusern extrem schwer wie auch mit allem Modernen. Dabei wäre es wichtig, dass auch die heute junge Generation ihre Handschrift in unserer Stadt wiederfinden kann. Andere Städte von Rang sind deutlich mutiger und schaffen durch anspruchsvolle Architektur und teils spektakulären Bauprojekten neue Besuchermagnete und Attraktionen für ein jüngeres Publikum. In Dresden gibt es davon viel zu wenig. Selbstverständlich geht das nicht in der historischen Stadtmitte und selbstverständlich müssen Blickbeziehungen und vieles mehr dem Primat des typischen Dresdner Stadtbildes untergeordnet werden. Aber es gab und gibt Lagen, wo man auch in Dresden experimentierfreudiger sein könnte. 

Das betrifft auch die Debatte um die Prager Straße. Hier sperrt sich die Stadtverwaltung gegen alles Moderne, setzt auf strenge Regeln und langweiligen Einheitsbrei, obwohl sich der Charakter der Straße seit der Wende unter den Augen der Stadtplaner unkontrolliert verändert hat. Zum Glück sind wenigstens Teile der ehemaligen DDR-Brunnenanlagen und der Kunst am Bau erhalten geblieben. Aber ansonsten eignet sich die Straße als wohl einzige in Dresden ideal dafür, das meiste einem freien Entwicklungsprozess zu überlassen, es mal strahlen, glitzern und blinken zu lassen – in Sachen Beleuchtung, Reklame und digitaler Information. 

Unser Herz schlägt zudem für die Ostmoderne. Nicht alles, was zu DDR-Zeiten gebaut wurde, ist schlecht. Im Gegenteil. Vieles hat einen hohen städtebaulichen Wert und gehört genauso zu Dresden. Zum Glück hat sich die Einstellung zur Ostmoderne mittlerweile geändert und sie erfährt mehr Wertschätzung, auch wenn leider das Ensemble der ehemaligen Herkuleskeule mit Zustimmung des Stadtrates erst vor kurzem abgerissen wurde. Dass der Kulturpalast nicht abgerissen wurde, ist ein großes Glück.

Allen voran freuen wir uns über die beschlossene Sanierung und Wiedereröffnung des Fernsehturms, für die wir lange an vorderster Front gekämpft haben und befürworten auch die Parkhaus-Lösung auf dem bereits zu DDR-Zeiten als Parkplatz genutzten Areal. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, dann sollte auch über die Realisierung einer Seilbahn zum Fernsehturm nachgedacht werden.

Ebenso begrüßen wir die Sanierung des ersten Kugelbrunnens am Neustädter Markt und werben für die Bereitstellung von Mitteln für den zweiten und den Blütenbrunnen am Jägerhof. Alles stellt sich inklusive der verwahrlosten Plattenbaufassaden als Schandfleck dar. Es ist unverantwortlich, diesen Zustand mitten im Stadtzentrum noch länger zu erhalten. Hier muss die Vonovia als der Eigentümer handeln. Auch das gesamte Umfeld des Neustädter Marktes muss dringend saniert werden. Wir schlagen vor, dort und in der Hauptstraße die aus DDR-Zeiten bekannten Kugellampen, die viel besser als die in den 90iger Jahren gesetzten Lampen passen würden und den Charakter des schönsten Dresdner Fußgängerboulevards unterstreichen könnten. 

Insgesamt stellt die Bebauung des Königsufers und der Großen Meißner Straße das wichtigste innerstädtische Vorhaben der nächsten Jahre dar. Wir unterstützen eine eher kleinteilige Bebauung mit der Rekonstruktion möglichst vieler historischen Gebäude bzw. Gebäudeelemente, allen voran des Narrenhäusels. Allerdings halten wir nichts von einem Abriss der DDR-Bebauung am Neustädter Markt. Ordentlich saniert, können diese Gebäude auch gut aussehen und auch sie sind Teil unserer Geschichte. Den Neustädter Markt wollen wir mit seinem Bewuchs und seiner Ausdehnung erhalten. 

Überall in der Stadt ist es nicht nur aufgrund der klimatischen Veränderungen wichtig, Parks und Grünzonen zu erhalten oder zu schaffen, Brunnenanlagen zu pflegen oder auch neu zu errichten und nicht jeden Innenhof zu bebauen. Auch Kleingartenanlagen und Gärten sind für die Lebensqualität von übergroßer Bedeutung.

Bei der Umrüstung von Straßenlaternen bzw. der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik ist künftig auch der lichttechnische Charakter von Stadtteilen zu beachten und bei der Auswahl der Lichtfarbe von Beleuchtungsmitteln zu berücksichtigen. 

Wert legen wir auf die Befassung mit einem eher speziellen Thema, mit Archigrafie, das heißt Typografie/Schrift am Bau. Auch da hat die Hauptstraße mal Maßstäbe gesetzt, die leider kaum noch sichtbar sind. Aber als die Hauptstraße noch Straße der Befreiung hieß, gab es ein Schriftkonzept für die Beschriftung der Läden, Einrichtungen und Gebäude. Darüber nachzudenken, wie man damit städtebaulich in Zukunft umgeht, halten wir für sinnvoll. Ein positives Beispiel ist der Erhalt der alten Margon-Reklame am Margonhaus. Der Schriftzug „Deutsches Hygienemuseum“, der nach der Sanierung des Museums verschwunden ist, gehört wieder angebracht.

Die Erweiterung des Stadtarchivs in der Heeresbäckerei begrüßen wir ausdrücklich. Ebenso hat die Sanierung des Römischen Bades im Schloss Albrechtsberg eine hohe Priorität für uns. 

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